Eisenbahnbrücke in Nettersheim
Auf den ersten Blick scheint dieser Eisenbahnbrücke etwas zu fehlen. Tatsächlich ist sie aber nicht nur eine vollständige Fußgängerquerung, sie bietet sogar einen gemütlichen Rastplatz auf Baumwipfelhöhe!
Nähert man sich dem Bahnhof der Gemeinde Nettersheim, springt einem ein merkwürdiges Bauwerk ins Auge: Über die Bahnsteige der Eifelgemeinde streckt sich eine Holzbrücke, deren beiden Enden in luftiger Höhe enden. Erst beim näheren Hinsehen entdeckt man die hölzernen Treppen, über die die Brücke zum Überqueren der Gleise erreicht wird.
So möchte man beim ersten Anblick fast denken, dass hier nur ein Brückenkörper fertig montiert wurde, während Zu- und Abfahrtwege noch fehlen.
Doch das ist nicht der Fall, vielmehr ist die Form der Brücke bewusst als Statement gewählt worden. Immerhin trägt Nettersheim nicht nur seit 1991 stolz den Titel der "Bundeshauptstadt für Naturschutz", sondern ist als Sitz des Holzkompetenzzentrums Rheinland auch ein Knotenpunkt für das Bauen mit Holz.
Die neue Fußgängerbrücke, die in enger Nachbarschaft zum Touristenmagneten der Region, dem Nettersheimer Naturzentrum liegt, kann somit als eine Art Hinweisgeber und Wegweiser zu den Kernkompetenzen der Gemeinde angesehen werden.
Für den wachsenden Tourismus sowie die täglichen Pendler bildet sie nun eine willkommene Abkürzung zwischen den beiden Bahnsteigen. Auch den Lehrern und Schulklassen, die im nahen Jugendgästehaus residieren, kommt die Überquerungshilfe sehr entgegen.
Der etwa 30 m lange Brückenkörper ist eine Holzkonstruktion mit asymmetrischer Tragstruktur. Er besteht aus vier Fachwerkträgern mit unregelmäßig verlaufenden Diagonalstreben, die mittels durchgehender Längsträger miteinander verbunden sind. Dabei wurde der Anschluss der diagonalen Streben an die Längsträger gelenkig über Schlitzbleche ausgeführt.
Zur Brücke wird die Holzkonstruktion, indem sie auf acht eingespannten Stahlstützen lagert, die unterschiedliche Neigungungen aufweisen. In diese Stützen ist auch die Treppenkonstruktion für die beidseitige Erschließung von unten und nach unten eingepasst.
Für die statische Aussteifung des röhrenartigen Brückenkörpers in Querrichtung wurden vier Stahlrahmen in die Holzkonstruktion integriert. Sie tragen auch die leicht abgeschrägte Dacheindeckung. Diese schützt die Holzkonstruktion, aber auch die Fußgänger, nicht nur vor Bewitterung, sondern kann in einem weiteren Ausbauschritt auch semitransparente Glas-Glas-Module aufnehmen und somit der Energiegewinnung dienen. Da solche Module lichtdurchlässig sind, behält das Dachtragwerk dabei eine gewisse Leichtigkeit, während das Bauwerk durch sie seine Funktion erweitert und Träger einer zukunftsorientierten Technik wird.
Apropo Funktionserweiterung: Als Vorreiter in Sachen Naturerlebnis-Tourismus hat die Gemeinde auch in die neue Eisenbahnbrücke einen Erlebnisort integriert: Hierfür kragt der Boden des Brückenkörpers am westlichen Ende ein wenig aus und gibt so Raum für eine kleine Aussichtsplattform. Hier lädt eine Sitzbank zum Verweilen oder zum Genießen der Aussicht auf Baumwipfelhöhe ein.
Und schließlich kann die Brücke auch einen Rekord für sich verbuchen: Die gesamte Aufbauaktion wurden in genau einer Nacht durchgezogen!